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Kompetenzorientiert Beurteilen im Fremdsprachenunterricht

Dieses Dossier vereint Hinweise aus der Theorie mit praktischen Beispielen für die Umsetzung von kompetenzorientierten Beurteilungskonzepten und Beurteilungsinstrumenten im Fremdsprachenunterricht auf der Primar- und Sekundarstufe.

Mit der durch den Lehrplan 21 ausgelösten Akzentverschiebung in Richtung Kompetenzorientierung verändert sich für den Fremdsprachenunterricht in Vergleich mit anderen Fächern relativ wenig. Das Lernen von Sprachen ist naturgemäss anwendungsorientiert. Der fremdsprachliche Unterricht soll den Lernenden ermöglichen sprachliche Strukturen kennenzulernen, diese vielfältig zu üben und schliesslich in einem interessanten Kontext anzuwenden. Ziel des kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts ist «learning to use the language rather than just learning about the language (as a subject).» (Council of Europe 2018, 27). Diese ursprüngliche und echte Funktion von Sprache als Kommunikationsmittel soll demnach nicht nur im Unterrichtsalltag gelten, sondern auch in Beurteilungssituationen übernommen werden. Denn Beurteilen und Lernen im fremdsprachlichen Unterricht gehen Hand in Hand und können nicht strikt voneinander getrennt werden (Surkamp und Viebrock 2018, 249).

Dies gilt insbesondere für die formative Beurteilung, auch bekannt als assessment for learning, die der Lehrperson als auch den Lernenden Rückmeldungen über die Stärken und Schwächen den Lernstand der SchülerInnen gibt. Diese oftmals auf informeller Basis erlangten Erkenntnisse fliessen konstant («feed back») in den Unterrichtsprozess zurück. Formative Beurteilungen können als Fremdbeurteilung durch die Lehrperson oder durch peers, als auch in Form einer Selbstbeurteilung vorgenommen werden. 

Im Gegensatz dazu stehen summative Beurteilungsformen, oder auch assessment of learning genannt, die auf mehr formeller Ebene typischerweise am Ende eines Lernprozesses den Lernstand der SchülerInnen erhebt. (Surkamp und Viebrock 2018, 253)

Inhaltlich betreuen dieses Dossier Silvia Frank  (Dozentin PHZH, Fachnetzwerk zebis) und Katharina Fischer (Sekundarlehrerin, Dozentin PHLU, ebenfalls Mitglied des Fachnetzwerks zebis). Gerne nehmen wir auch Ideen von Lehrpersonen auf.

Beispiele von Beurteilungsinstrumenten

In diesem Abschnitt werden verschiedene Beurteilungsinstrumente beschrieben. Dabei werden diese, soweit wie möglich, mit den aktuellen Lehrmitteln verknüpft. Übersichtshalber werden diese in drei Kategorien eingeteilt.

1. Lernzielorientierte Beurteilungen (Lernkontrollen)

Summative (oder auch formative) Lernkontrollen, die mündlich oder schriftlich durchgeführt werden.

2. Produktorientierte Beurteilungen

Beurteilung von kleineren oder grösseren Produkten oder Projekten (z.B. Texte, Vorträge oder anderen task outcomes).

3. Prozessorientierte Beurteilungen

Beurteilungsformen, die den Lernprozess abbilden, (z.B. Reflexionen, Selbstbeurteilungen, Lernwortschatz, Kompetenzraster, …)

 

 

1. Lernzielorientierte Beurteilungen

Lernzielorientierte Beurteilungsinstrumente basieren direkt auf den Lernzielen der Unterrichtssequenz (unit oder unité). Die aktuellen Lehrmittel im Fach Englisch (Young World und New Inspiration), als auch jene im Fach Französisch (Dis Donc) bieten solche fertig ausgearbeiteten Lernkontrollen an, die zur Überprüfung der Lernziele summativ am Ende der Lerneinheit oder auch formativ zwischendurch eingesetzt werden können.

Der Bezug zu den Kompetenzen im Lehrplan 21, auf welche die Lernkontrollen abgestützt sind, sind im Lehrerkommentar zu den Lernkontrollen ausgewiesen.

Für die Beurteilung von Lernwortschatz bietet die
Aufgabensammlung für die Beurteilung von Lernwortschatz  Ideen, wie man Wortschatz integriert in die vier Fertigkeiten (Hören, Lesen, Sprechen, Schreiben) beurteilen kann.

 

2. Produktorientierte Beurteilungen

Produktorientierte Beurteilungen zeichnen sich dadurch aus, dass ein Produkt hergestellt wird, in dem sich verschiedene Kompetenzen widerspiegeln. Es besteht also nicht aus einzelnen Teilaufgaben, die sich direkt Lernzielen zuordnen lassen, sondern zeichnet sich durch einen ganzheitlicheren Ansatz aus. Produkte sind oft auch hinsichtlich Sozialform und Zusammenarbeit offener als Lernzielkontrollen. Daher sind diese Formen der Beurteilung insbesondere für den Fremdsprachenunterricht sehr wertvoll, da unter Berücksichtigung des kommunikativen Ansatzes der Gebrauch der Sprache in sozialen Situationen ermöglicht wird. Auch hier stützt sich die Beurteilung auf Lernziele, die oft in verschiedenen Kompetenzbereichen im Lehrplan 21 verordnet sind und welche für den Zweck der Beurteilung in gut messbare Kriterien aufgeteilt werden. Diese Kriterien werden in einem Raster zusammengefasst und den Lernenden nach Möglichkeit bereits zu Beginn transparent aufgezeigt, so dass alle Beteiligten die Basis der Beurteilung kennen. Das Produkt wird schliesslich gesamthaft beurteilt, jedoch dienen die Einschätzungen der einzelnen Kriterien zum besseren Nachvollzug der finalen Beurteilung und geben Anregungen zu Förderzwecken. Die Beurteilung kann formativ oder summativ erfolgen.

Für die produktorientierte Beurteilung eignen sich Texte, Präsentationen oder andere Formen von task outcomes. Die folgenden Beispiele zeigen Möglichkeiten von produktorientierten Beurteilungsformen für die Primar- und Sekundarstufe sowohl für das Fach Englisch als auch Französisch auf.

 

Task: Make an exhibition

(Erstellt im August 2019, © Silvia Frank, aus: Young World 2, Activity Book, Klett und Balmer Verlag, Baar 2019, S. 40, Illustration: Ursula Koller)

 

 Beurteilungsraster zu dis donc! 5, Unité 5 für die Tâche: «Livre accordéon»

(© 2017 Lehrmittelverlage Zürich und St. Gallen)

 

Beurteilungsraster zu New Inspiration 3, Unit 6, Lesson 2, Topic ‘Recycling’

Nachdem das Thema Recycling ausführlich behandelt wurde, kann ein Task, wie hier angefügt, folgen.

 

Task Recycling

Der Inhalt des Interviews wird der Klasse in Englisch vorgetragen, am Ende der Vorträge vergleichen die MitschülerInnen die Ergebnisse miteinander und ziehen ein Fazit daraus. Für die Selbstbeurteilung der Task kann ein Beurteilungsraster, wie hier abgebildet, verwendet werden.

(Erstellt Mai 2018 und verwendet im Unterricht 2019, © Katharina Fischer)

 

Beurteilungsraster zu Dis Donc 7, Unité 2 für die Tâche: «C’est mon ami/e- ce sont mes ami/es»

(© 2017 Lehrmittelverlage Zürich und St. Gallen)

 

3. Prozessorientierte Beurteilungen

Auch Lernprozesse sind ein wichtiger Aspekt von kompetenzorientiertem Unterricht. So werden viele Kompetenzen in den Handlungsaspekten Bewusstheit für Sprache, Wortschatz, Grammatik, Rechtschreibung und Sprachlernreflexion und -planung erst in den Prozesskomponenten sichtbar. Um Lernprozesse beurteilen zu können braucht es also in erster Linie vor allem gute Lernaufgaben oder Fragestellungen, die echte Prozesse auslösen und sichtbar machen. Diese Lernprozesse können entweder formativ oder summativ beurteilt werden.

Im Folgenden werden verschiedene Beispiele aufgezeigt, wie Lernprozesse formativ im fremdsprachlichen Unterricht beurteilt werden können.

A. Formative Beurteilungsformen (Kompetenzbereich 5 Sprachen im Fokus)

Eine wichtige Grundlage für die Anwendung der Sprache ist der Aufbau von Wortschatz oder Strukturen. Wenn die SchülerInnen dafür Zeit, z.B. auch in Form von Hausaufgabenzeit, investieren, möchten sie im Unterricht das Gelernte zeigen können. Dafür eignen sich folgende Aktivitäten, die gleichzeitig für die Lernenden und Lehrperson als formative Beurteilung dienen.

Spielerische Aktivitäten

z.B. Young World, Teacher’s Book Spiele und Flashcard Aktivitäten, Dis Donc Faites vos jeux!, Spielpläne auf zebis.ch, …

(© 2017 Lehrmittelverlage Zürich und St. Gallen)
 

 

https://www.zebis.ch/unterrichtsmaterial/spielplaene-zum-ueben-von-wortschatz-0

 

Interaktive Aktivitäten

z.B. Young World Interaktive Exercises, Dis Donc Lernplattform > Vocabulaire et verbes, www.ego4u.com; www.englisch-hilfen.de, …

Poster, Bildkarten oder Wimmelbilder (vor allem für Primarstufe)

z.B. Poster aus Young World 1-4, Flashcards, Wortkarten, Wimmelbilder aus Büchern, …

 

B. Instrumente für die Selbsteinschätzung für Lernende

Insbesondere in Bezug auf den Handlungsaspekt Sprachlernreflexion und -planung im Kompetenzbereich 5 des Lehrplan 21 ist es essentiell, dass sich Lernende regelmässig Gedanken zu ihrem Lernprozess machen und diese dokumentieren, um sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst zu werden.

  • Die verschiedenen Lehrmittel bieten vielfältige Formen von Selbstreflexionsinstrumenten. Zum Beispiel das ‘Portfolio’ in Young World 1-4, dem ‘Journal de bord mit den Bilan’ in Dis Donc 5-9 oder den Kapiteln zu ‘Learner Independence’ in New Inspiration 2-3.
     
  • Speziell für die Selbsteinschätzung in altersgemischten Klassen, in welchen die im Lehrmittel vorgegebenen Portfolios aufgrund des veränderten Einsatzes der Lehrmittel unpassend sind, wurde Lernlandkarten für Young World 1-2 und Young World 3-4 entwickelt. Diese sind als Download bei klett.ch oder in der Handreichung "Unterrichten in altersgemischten Klassen mit Young World 1-4" erhältlich.
    (Klett und Balmer Verlag, Baar 2016)

 

  • Weitere kurze formative Beurteilungsmomente übersichtlich zusammengefasst in einer kleinen Sammlung finden sich hier.

 

C. Instrumente für die Fremdeinschätzung für Lehrpersonen

Auch die Lehrperson braucht Instrumente, damit sie die vielfältigen Lernprozesse der SchülerInnen dokumentieren kann. Diese helfen nicht nur während dem Schuljahr den Überblick über die Lernstände der heterogenen Lernenden zu behalten, sondern auch um die finale Beurteilung am Ende des Semesters für die Zeugnisse auf umfassend, faire Einschätzungen abstützen zu können. Die Lehrperson verwendet dafür allenfalls die Vorlagen im Lehreroffice oder spezielle auf die Themen der Lehrmittel zugeschnittene Beobachtungsbogen (z.B. Young World 1-4, «Beobachtungsbogen», siehe Kopiervorlage 0.3). Auch eignen sich dafür Kompetenzraster (z.B. Europäischer Referenzrahmen), auf welchen mit Klebepunkten oder durch Anfärben der betreffenden Kompetenzstufen die Lernfortschritte der SchülerInnen dokumentiert werden können.

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